BUNDjugend  

Meeresschutz

Mehr Ostseeschutz jetzt!

…und warum ein Nationalpark dafür eine gute Idee ist

Die Ostsee ist ein einzigartiger Extrem-Lebensraum: Vom Kattegat im Westen mit Nordsee-ähnlichem Salzgehalt bis zu fast-Süßwasserbiotopen mit ausgedehnten Schilfgürteln in den Bodden und an der baltischen Küste. Viele besonders schützenswerte Lebensgemeinschaften, wie Seegraswiesen, Tangwälder, Muschelbänke und Weichkorallenriffe dienen als Kinderstube für Fische und andere Meerestiere. Sie sind die Basis für die gesamte Nahrungspyramide bis hinauf zu Schweinswalen, Seehunden und Kegelrobben.

Doch diese Lebensräume sind gefährdet. Das hat unter anderem der aktuelle Ostsee Report „State of the Baltic Sea“ der Helsinki-Kommission (HELCOM) gezeigt. Die Gefährdung der Ostsee durch den Klimawandel wird verstärkt durch den Eintrag von Nährstoffen (Eutrophierung), von Giftstoffen, durch Überfischung und weitere wirtschaftliche Nutzung.

Dorsch, Hering und Co. werden immer seltener und Todeszonen breiten sich aus. Todeszonen sind lebensfeindliche Wasserschichten ohne Sauerstoff, die sich vor allem im Sommer am Grund der Ostsee bilden. Durch den übermäßigen Nährstoffeintrag wachsen viele Algen, die auf den Meeresgrund sinken und dort von Bakterien zersetzt werden, die dabei Sauerstoff verbrauchen. Ohne Sauerstoff sterben Fische, Muscheln und viele andere atmende Lebewesen.

Und auch Baumaßnahmen für Offshore-Windparks oder Tunnel vernichten Lebensräume langfristig. So wird durch die Entnahme von Steinen fester Untergrund entfernt, auf dem sonst Tang, Muscheln und Nesseltiere leben.

Aber der HELCOM-Bericht macht auch Hoffnung: Maßnahmen gegen die schädlichen Einträge und gegen die Übernutzung haben einen messbaren Effekt, wenn sie konsequent angewendet werden!

Und wie war das jetzt mit diesem Nationalpark?

Wir als BUNDjugend Schleswig-Holstein setzen uns für den konsequenten Schutz der Ostsee ein und sind überzeugt, dass das am besten mit einem Nationalpark funktioniert.

Warum?

  1. Nationalparke wurden dafür geschaffen, einzigartige Naturräume zu erhalten, damit auch nach uns kommende Generationen noch beeindruckende Naturerlebnisse genießen können. Das war schon das Ziel des ersten Nationalparks der Welt, Yellowstone in den USA. Es beinhaltet also ganz klar, dass ein Nationalpark sowohl den Menschen als auch der Natur Raum bieten muss – in der Praxis geschieht das durch verschiedene Schutzzonen. Auch eine Wiederherstellung von zerstörten Lebensräumen gehört zum Nationalparkkonzept – genau richtig für unsere gebeutelte Ostsee.
  2. Wer hier lebt oder hier Urlaub macht, liebt die Natur und möchte auch im nächsten Sommer noch in der blauen Ostsee baden, möchte Vögel und Seehunde sehen. Deshalb wollen wir die Natur schützen!
  3. „Nationalpark“ ist eine international bekannte Schutzkategorie und eine echte Erfolgsmarke. Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen, gerade solche, die außerhalb der Hochsaison Ruhe und Erholung suchen, ganz gezielt Orte mit intakter Natur für ihren Urlaub aussuchen. Ein Nationalpark kann also den nachhaltigen Tourismus ankurbeln und für bessere Auslastung in der Nebensaison sorgen.
  4. Ein Nationalpark hat eine eigene Verwaltung, die vom Land finanziert wird und Ressourcen für Tourismus-, Forschungs- und Umweltbildungsprojekte hat. Bisher sind die unteren Naturschutzbehörden von vier Kreisen und drei kreisfreien Städten für die schleswig-holsteinische Ostsee zuständig. Sie müssen zusätzlich viele andere Aufgaben im Binnenland bewältigen und sind von der klammen kommunalen Kassenlage abhängig. Mit einem alleinigen Ansprechpartner wird außerdem die Bürokratie abgebaut, indem Anfragen und Maßnahmenvorschläge nicht mehr wie aktuell durch viele verschiedene Hände und Abteilungen wandern müssen.
  5. Eine zentrale Nationalpark-Verwaltung sorgt auch für passende Regelungen in den verschiedenen Schutzzonen. Dazu wird mit den Interessengruppen ausgehandelt, wo menschliche Aktivitäten Vorrang haben sollen und wo die Natur sich ungestört entfalten darf. Bei solchen Verhandlungen können zum Beispiel Wassersport-, Tourismus- und Fischereiverbände mit ins Boot geholt werden.
  6. Lebensräume wie Seegraswiesen zu schützen, schützt auch das Klima: Seegraswiesen können große Mengen CO2 speichern. In den sogenannten Kernzonen des Nationalparks können sie sich ausbreiten. Dort sind sie auch vor zukünftigen Flächennutzungsinteressen wie industriellem Rohstoffabbau oder Offshore-Windkraft geschützt.
  7. Umweltbildung spielt in jedem Nationalpark eine zentrale Rolle: Kinder- und Jugendgruppen, Labore und Ausstellungen für junge und erwachsene Naturinteressierte, Schnorcheltouren und Seehund-Safaris können von Nationalpark-Ranger*innen oder Nationalpark-Partnerbetrieben umgesetzt und durch die gemeinsame Marke „Nationalpark Ostsee“ besser beworben werden.
  8. Durch einen Nationalpark könnten mehr Fördergelder für die Region zur Verfügung stehen, um zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den küstennahen landwirtschaftlichen Betrieben zu stärken und ihnen ein Auskommen mit umweltschonender Landwirtschaft zu ermöglichen. Fördermittel könnten auch für nachhaltige Tourismus-Projekte, eine Umstrukturierung der Fischerei und Umweltbildung eingesetzt werden.
  9. Munitions-Altlasten in der Ostsee müssen so früh und so umfassend wie möglich geborgen werden – aber das ist komplett unabhängig von der Einrichtung eines Schutzgebiets und kann auch in einem Nationalpark geschehen.

Fake News über den Nationalpark

Beim Thema Nationalpark Ostsee scheiden sich die Geister und es kursieren viele Gerüchte und Fake News über negative Folgen der Gründung eines Nationalparks. Das hat nichts mit der Realität zu tun und lässt sowohl Fakten als auch die vielen positiven Beispiele bereits bestehender Nationalparke außer acht.

Nachfolgend findet ihr einige dieser Fake News rund um den geplanten Ostsee-Nationalpark und die Argumente, mit denen wir sie entlarven:

Im Nationalpark ist kein Wassersport möglich.

Wo welcher Sport möglich ist, wird zusammen mit den Verbänden ausgehandelt. Für Kite-Surfer wird es ausgewiesene Spots geben, sogar der Bau von Unterständen für Winter-Wassersportler ist denkbar. Segeln und Paddeln, was ruhiger abläuft und die Vögel weniger aufschreckt, wird fast überall erlaubt sein, ebenso das Baden an den bekannten Badestränden. Aber es muss auch Bereiche geben, in denen Tiere und Pflanzen völlig ungestört sind, denn im Gegensatz zu Menschen können sie nicht einfach ein paar hundert Meter weiter ihr nicht vorhandenes Wohnmobil aufstellen.

Entgegen vieler Behauptungen ist es übrigens allein im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer an 22 Stellen erlaubt, jeden Wassersport zu betreiben, der nicht auf Motor-Antrieb angewiesen ist. Dies bedeutet, auch Wingsurfen etc, ist in diesen Wassersport-Spots erlaubt! Motorboote können trotzdem zum Einsatz kommen, z.B. als Regatten-Begleitboote oder für Rettungsübungen und –einsätze. Dies wird in der Befahrensverordnung klar geregelt!

Nationalparke bringen keine Verbesserung für den Naturschutz.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass in ausreichend großen Schutzgebieten ohne störende Eingriffe die Artenvielfalt zunimmt. Wenn dort zum Beispiel junge Fische ungestört aufwachsen können, beobachtet man einen „Überlaufeffekt“ (Spillover-effect): Den Fischern gehen nach einigen Jahren auch außerhalb der Schutzgebiete wieder mehr Fische ins Netz. Von echten Schutzgebieten profitieren sowohl die Natur als auch die Menschen.

Ein Nationalpark bedroht unsere traditionelle Küstenfischerei in ihrer Existenz.

Die Fischerei ist vor allem dadurch bedroht, dass die Fische immer seltener werden. Dies liegt an der jahrelangen schlechten Bewirtschaftung durch zu hohe Fangquoten, an der schlechten Wasserqualität, an der Vernichtung von Lebensräumen und auch am Klimawandel. Beispielsweise kommt der Dorsch mit den höheren Wassertemperaturen nicht zurecht.

Ein Nationalpark trägt dagegen zum Schutz der Fischpopulationen bei: Die Wiederherstellung von Lebensräumen sowie fischereifreie Kernzonen ermöglichen es vielen Arten, sich zu erholen und Schutz zu finden. Erholte Fischbestände kommen der Küstenfischerei zu Gute. Eine Umstrukturierung der Fischerei hin zur Stärkung der kleinen Küstenfischerei mit schonenden Fanggeräten wäre dafür dringend nötig.

Erst muss die Munition geräumt werden.

Die Bergung der Munitions-Altlasten in der Ostsee ist notwendig und muss so früh und so umfassend wie möglich geschehen, darüber sind sich alle gesellschaftlichen Gruppen und Behörden endlich einig. Bei den enormen Mengen an Munition, die immer sich im Salzwasser immer mehr zersetzt, wird sich die Bergung aber über Jahrzehnte erstrecken. Dies ist auch in einem Nationalpark möglich und muss parallel zu weiteren Schutzmaßnahmen laufen.

Mit einem Nationalpark geben wir Rechte, zum Beispiel die Befahrensregelungen für Boote, an den Bund ab.

Das Befahren von Bundeswasserstraßen wie Ostsee, Schlei und den Förden wurde schon immer vom Bundesverkehrsministerium geregelt. Neue Regelungen, zum Beispiel eine Geschwindigkeitsbegrenzung in der Kernzone des Nationalparks, wird vom Land ans Bundesverkehrsministerium gemeldet und muss von diesem in eine Befahrensregelung umgesetzt und in die amtlichen Seekarten eingetragen werden.

Für die Einrichtung eines Nationalparks gibt es von Seiten der EU bestimmte Vorgaben, die beachtet werden müssen. Die Einrichtung, Verwaltung und Bewirtschaftung wie auch die Kontrolle eines Nationalparks sind aber Landessache und werden auch dort bestimmt.

Ein Nationalpark ist ein Bürokratiemonster.

Im Gegenteil – Ein Nationalparkamt ist ein einheitlicher Ansprechpartner, im Gegensatz zu den sieben unteren Naturschutzbehörden von vier Kreisen und drei kreisfreien Städten, die derzeit für den Schutz der schleswig-holsteinischen Ostseeküste zu ständig sind.